Achtsame Technologie

Trends / Technologie
Catherine Falls Commercial
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Carolina Sampaio Lechner
Juli 13, 2022
Es beginnt mit einem Seufzer, dann folgt leise Instrumentalmusik.1 Anschließend sehen wir ein Video des Nutzers, gefolgt von Bildern aus seiner Kindheit, die mit dieser Bildunterschrift enden: „Ich war gemein zu mir selbst und habe dann bemerkt, dass ich auch über ihn/sie rede.“ Mit diesen angesagten Videos erinnern TikToker sich selbst und ihre Zuschauer daran, dass sie genauso viel Mitgefühl verdienen wie ihr jüngeres Ich.2

Wie unsere VisualGPS Studie zeigt, legt fast die Hälfte der Europäer heute mehr Wert auf ihre psychische Gesundheit als je zuvor. Doch selbst wenn wir Technologie nutzen, um uns, wie im obigen Beispiel, für die mentale Gesundheit stark zu machen, ist unsere Beziehung zu eben dieser Technologie nicht gerade einfach. Wann haben Sie zuletzt Ihr Telefon in die Hand genommen? Eine E‑Mail verschickt? Eingehende Nachrichten auf Ihrer Smartwatch angesehen? Ich wage mal die Behauptung, dass dies noch nicht allzu lange her ist.
In europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien beispielsweise haben Smartphone‑Nutzer im Jahr 2021 durchschnittlich mehr als drei Stunden pro Tag mit Apps verbracht.3 Unsere digitalen Geräte sind zu unserem ständigen Begleiter geworden. Manchmal kann sich Technologie wie Kryptonit für unser Wohlbefinden anfühlen, die nächste Ablenkung ist nur einen Nachrichtenton oder ein TikTok entfernt. Doch trotz unserer Bemühungen und Hilfsmittel, die uns von unseren Geräten fernhalten sollen, wie das Ausschalten von Benachrichtigungen, Warnungen zur Mediennutzung und vieles mehr4, scheint die bloße Stille unserer Geräte ebenso ablenkend zu sein wie eine Benachrichtigung – ist in den letzten 20 Minuten nichts passiert?5 Technologie kann zu einem Verbündeten für unser Wohlbefinden werden, wenn sie auf uns achtet, uns unterstützt und das Wohlbefinden aller fördert. Aber sie sieht achtsame Technologie aus?
Technologie kann zu einem Verbündeten für unser Wohlbefinden werden, wenn sie auf uns achtet, uns unterstützt und das Wohlbefinden aller fördert.
Achtsame Technologie, die sich um uns kümmert
Der Markt für digitale Fitness‑ und Wellness‑Apps und ‑Geräte wächst kontinuierlich und wird bis 2026 voraussichtlich 157,47 Millionen Nutzer in Europa erreichen.6 Dies bestätigt auch unsere VisualGPS Befragung: Nahezu 7 von 10 Europäern – unter den Millennials sogar noch mehr – sind von den positiven Folgen technologischer Lösungen wie Meditations‑Apps, Fitness‑ oder Gesundheits‑Trackern für ihr Wohlbefinden begeistert. Heute passen sogar die Fitnessgeräte, die uns normalerweise daran erinnern und motivieren sollen, mehr Sport zu treiben, ihre Funktionen an ein umfassenderes Verständnis von Wohlbefinden an. Dabei konzentrieren sie sich nicht nur auf Fitnessziele, sondern stellen auch sicher, dass der Nutzer weiß, wann es Zeit ist, aufzuhören und sich zu erholen.7 Wenn also das nächste Mal die Fitness‑App klingelt, sollten Sie sich vielleicht lieber auf der Couch entspannen, anstatt aufzustehen und zu trainieren.

Denken Sie bei Ihrer Bildauswahl daran, wie technische Geräte gezielt in Situationen wie Sport und Freizeit eingesetzt werden und wie Technologie uns helfen kann, auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu achten. Denken Sie an Situationen, in denen technische Geräte zur Unterstützung des körperlichen Wohlbefindens eingesetzt werden, z. B. Fitness‑Tracker. Sie sollten aber auch die Momente berücksichtigen, in denen Menschen Technologie nutzen, um zur Ruhe zu kommen, z. B. wenn sie eine Meditations‑App nutzen oder einfach nur Musik hören.
Achtsame Technologie, die das Wohlbefinden am Arbeitsplatz fördert
Arbeitgeber sind für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter verantwortlich: Laut unserer VisualGPS‑Studie sind fast 7 von 10 Europäern der Meinung, dass Unternehmen verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen und Ressourcen bereitzustellen, um die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Dies bedeutet jedoch weit mehr als die Bereitstellung von Meditations‑Apps und die Verlagerung von Offline‑Wellness‑Programmen auf Online‑Lösungen.8 Wissensarbeiter und ihre Arbeitgeber nutzen jetzt die Möglichkeiten eines hybriden Modells, z. B. die Flexibilität, wann und wo gearbeitet wird. Trotz der Herausforderungen, die mit der Arbeit im Homeoffice verbunden sind, wie Kinderbetreuung, unscharfe Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben oder begrenzter Platz, sind fast 7 von 10 befragten Europäern der Meinung, dass dies eine bessere Work‑Life‑Balance ermöglicht.

Überlegen Sie bei der Wahl des Bildmaterials, ob und wie Sie die aktuellen Realitäten und Herausforderungen der Menschen bei der Hybridarbeit darstellen, und unterstützen Sie die Mitarbeiter dabei, sich um ihr Wohlbefinden zu kümmern, indem Sie eine gesunde Work‑Life‑Balance fördern. Zeigen Sie, wie Technologie es den Menschen ermöglicht, bequem von Zuhause aus oder mitten in der Natur zu arbeiten. Aber denken Sie auch daran, gelegentliche Auszeiten von den Bildschirmen zu zeigen. Dabei können sie sich entweder allein entspannen oder sich mit Menschen aus ihrem Umfeld austauschen, seien es Kollegen im Büro oder Partner, Kinder oder Mitbewohner zu Hause.
Achtsame Technologie für das Wohlbefinden aller
Wohlbefinden geht heute weit über die individuelle Selbstfürsorge hinaus: Es geht jetzt darum, die Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu rücken.9 Dabei kann Technologie eine wichtige Rolle bei der Förderung des kollektiven Wohlbefindens spielen.10 Ein Beispiel dafür ist die App Chill Pill. Mit ihrem plakativen, spielerischen und farbenfrohen Design richtet sie sich an junge Nutzer und bietet einen von anderen Betroffenen betreuten, sicheren Raum, in dem Menschen anonym ihre persönlichen Geschichten austauschen und Unterstützung und Bestätigung von anderen Mitgliedern erhalten.11 Oder die deutsche Webseite nebenan.de, die dazu beiträgt, die Anonymität der Großstadt zu überwinden, indem sie Menschen aus demselben Viertel zusammenbringt. Und wir alle können uns noch gut daran erinnern, dass wir vor nicht allzu langer Zeit mit vielen unserer Liebsten nur per Videoanruf in Kontakt treten konnten. Für manche Menschen und Beziehungen gilt das auch weiterhin, ganz unabhängig von einer globalen Pandemie.

Und trotz all dem gibt mehr als ein Drittel der befragten Europäer unserer VisualGPS Studie an, dass die Online‑Kommunikation einige ihrer Beziehungen eher verschlechtert hat. Und wenn wir nur die jüngeren Generationen betrachten, steigt diese Zahl auf über die Hälfte. So nutzt mehr als die Hälfte der Europäer aller Altersgruppen die sozialen Medien insgesamt weniger, da sie ihre Liebsten jetzt wieder persönlich sehen können.

Berücksichtigen Sie in Ihrem Bildmaterial die Beziehungen, die durch die Technologie ermöglicht werden. Zeigen Sie, wie Menschen miteinander interagieren, indem sie sich vielleicht denselben Bildschirm teilen oder sich gegenübersitzen. Und würdigen Sie auch die persönlichen Beziehungen, die wir zurückgewinnen, wenn wir unsere Geräte beiseite legen, und sei es auch nur für eine Minute.
Weitere Informationen:
Hybrid Work is Here to Stay
Patient Empowerment in Video Storytelling
The Computer on My Wrist

Sources:
[1] Lloren (TikTok)
[2]  "TikTok trend reminds people to be kinder to themselves" (Mashable)
[3]  Number of hours spent per day using apps worldwide from 2019 to 2021, by country (Statista)
[4]  "Digital Wellbeing: Minimize distractions" (Google)
[5]  "Der Schmerz der Stille" (Süddeutsche Zeitung)
[6]  Digital Fitness & Well‑Being (Statista)
[7]  Whoop App (Whoop)
[8]  "How Organizations Can Promote Employee Wellness, Now and Post‑Pandemic" (MIT Sloan Management Review)
[9] "Togetherness is Wellness" (Getty Images Creative Insights)
[10]  "Self‑care isn't enough. We need community care to thrive" (Mashable)
[11]  Chill Pill App (Chill Pill)
[12]  Nebenan (nebenan.de)
Von humanoid hin zu menschlich: Die Entwicklung von KI