Essen als Kultur

Trends / Echtheit
Matt Henry Gunther
200185095-003
Reya Sehgal
Sept. 7, 2021
Essen ist weitaus mehr als Ernährung. Essen ist Ausdrucksmittel unseres Selbst, wir gehen darüber Beziehungen ein, geben Traditionen weiter und entdecken unsere Welt. Eineinhalb Jahre Pandemie haben das Verhältnis vieler Menschen zu Lebensmitteln verändert, sowohl im Hinblick darauf, was sie von ihnen erwarten als auch was sie aus ihnen machen können. Von TikTok‑Videos, die neue Trends für das Kochen zu Hause auslösen, bis hin zu neuen Infrastrukturen rund um das Essen – Essen rangierte 2021 in den Top 25 der beliebtesten Suchbegriffe bei Getty Images und ist ein Indiz für zentrale Veränderungen in unserem Alltag. Und obwohl die in den Jahren 2020 und 2021 verwendeten Inhalte einen Schwerpunkt auf Gesundheit, Kochen zu Hause und das Feiern von Festen legen, sind die verschiedenen Esskulturen Amerikas nicht gut vertreten. Für unsere Kunden ergibt sich damit die Möglichkeit, die Auswahl an Bildern zu kulinarischen und kulturellen Erlebnissen rund um das Essen weiter zu fassen.

Was kommt auf den Tisch?
Obst und Gemüse machen über 20 % aller lebensmittelbezogenen Bilder aus, was die USDA‑Ernährungsrichtlinien unterstreicht. Die gezeigten Obst‑ und Gemüsesorten enthalten jedoch keine kulturspezifischen Produkte wie Daikon‑Radieschen, Mangos, Kochbananen oder Kohlgemüse, die in Haushalten von Einwanderern und BIPOC (Schwarze, Indigene und People of Color) regelmäßig gegessen werden. Vegane Ernährung wird in den USA immer beliebter, und die Kunden von Getty Images folgen diesem Trend. Allein in den letzten 12 Monaten sind die Suchanfragen zu pflanzlichen Lebensmitteln um 44 % gestiegen. Veganismus ist besonders bei Schwarzen Amerikanern beliebt, die dreimal so häufig auf Fleisch verzichten wie Menschen anderer Ethnien und deren kulinarische Wurzeln im Rastafarismus und in der karibischen Kultur zu finden sind.

Die Suchanfragen der Kunden nach typisch amerikanischen Lebensmitteln wie Burger, BBQ, Pizza, Hot Dogs und Brathähnchen sind nach wie vor hoch, aber das bildet nur einen kleinen Teil dessen ab, was die Menschen tatsächlich essen. Der Online‑Essenslieferdienst GrubHub hat herausgefunden, dass asiatische und lateinamerikanische Gerichte im vergangenen Jahr am häufigsten bestellt wurden. Aber die hohe Nachfrage nach diesen Gerichten beschränkt sich nicht nicht nur auf den Bereich Lieferservice, sie werden auch täglich zu Hause zubereitet. 
Authentisches, inklusives Storytelling beruht auf den Details, die das Leben der Menschen ausmachen, und Essen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Lebenskultur.
Wer steht am Herd?
Viele Amerikaner führen die 2020 getätigten Heimlieferungen darauf zurück, dass mehr Zeit für Freizeitaktivitäten wie Backen und Essen im Kreise der Familie aufgewendet wird. Und obwohl die Suchanfragen bei Getty Images nach ‘Kochen mit der Familie’ und ‘Essen mit der Familie’ im Jahr 2021 zurückgegangen sind, beabsichtigen 71 % der Amerikaner, ihre Kochgewohnheiten auch nach dem Ende der Pandemie beizubehalten, und Familien wollen weiterhin zusammen essen.

Unseren Daten aus den Jahren 2020/2021 zufolge sind Frauen im Bereich Ernährung überrepräsentiert. Die Suchanfragen unserer Kunden nach ‘Frauen beim Essen’ stiegen um 32 %, während Anfragen für ‘Männer beim Kochen’ um 3 % sanken. Es werden eher Frauen abgebildet, die zu Hause essen und Essen zubereiten, mit Kindern backen oder in der Küche gesunde Mahlzeiten zubereiten. Männer hingegen sind eher beim Grillen im Freien oder bei der Arbeit in einer Profiküche zu sehen. Damit werden Klischeevorstellungen über häusliche Arbeit und darüber, wer für seine Kochkünste gefeiert wird, noch verstärkt.
Demografischer Wandel, veränderte Geschmäcker
Aus den Daten der US‑Volkszählung geht hervor, dass die Zahl der asiatischen und lateinamerikanischen Haushalte zunimmt und es immer mehr multiethnische Familien gibt. Das bedeutet, dass Bilder von Essen und Kochen über die typischen Abbildungen von “lachenden Frauen mit Salat” oder den Genuss von Burger und Eiscreme hinausgehen und die Vielfalt der von den Menschen geschätzten Lebensmittel zeigen können. Um die vielfältigen Geschmacksrichtungen unserer Welt widerzuspiegeln, hat die Emoji‑Bibliothek, ein Eckpfeiler der digitalen Kommunikation, ihren Katalog an Lebensmitteln regelmäßig erweitert und kürzlich Tamales, Falafel und Bubble Tea hinzugefügt.

Begriffe wie “Ethno‑Food” haben die Amerikaner lange Zeit in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, nuancierte kulturelle Traditionen rund ums Kochen und Essen zu verstehen, indem sie alles, was nicht zur europäischen Küche gehört, zu etwas Fremdem gemacht haben. In Wirklichkeit ist die amerikanische Esskultur aus Migrationsbewegungen und regionalem, landbasiertem Kulturwissen entstanden, worauf Padma Lakshmi in ihrer Sendung Taste the Nation eingeht. In vielen BIPOC‑ und Einwandererhaushalten ist das Essen ein wichtiges Mittel, um die Verbindung zur Herkunftskultur aufrechtzuerhalten: 50 % der asiatischen Amerikaner fühlen sich durch Kochen oder Essen mit ihrer Kultur verbunden (fast doppelt so viel wie in der allgemeinen US‑Bevölkerung), und 72 % der Latinx‑Amerikaner halten es für wichtig, dass ihre Kinder die kulturellen Traditionen ihrer Familie weiterführen.

Fast ein Viertel der visuellen Darstellungen im Zusammenhang mit Essen hat mit Feierlichkeiten zu tun. Die meisten dieser Bilder drehen sich um Thanksgiving, Weihnachten, Grillfeste am 4. Juli und Geburtstage, während Feiern zum Mondneujahr, Ramadan und Pessach nicht berücksichtigt werden. Zu den Ritualen rund um die Feiertage gehören oft bestimmte Mahlzeiten mit besonderen Gerichten und Tischdekorationen. Mit einer Hervorhebung dieser Details können Geschichten aus einer eher unspezifischen Position heraustreten und einen inklusiven Platz einnehmen.
Die Vielfalt der Ausstattung
Nicht jedes Haus sieht gleich aus, auch nicht jede Küche oder jeder Hinterhof. Ganz gleich, ob mit kulturspezifischen Utensilien und Küchenutensilien ausgestattet oder in einer WG untergebracht – die Orte, an denen gekocht und gegessen wird, sind ebenso spezifisch wie die Speisen, die hier zubereitet werden. Die Darstellung von Essbereichen jenseits von nüchternen, minimalistischen Wohnungen zeigt, wie Menschen wirklich leben.

Obwohl hauptsächlich in den eigenen vier Wänden gekocht wird, spielen sich 14 % der Inhalte, die mit Essen zu tun haben, im Freien ab, was zeigt, dass infolge der Pandemie die Lust am Grillen und Essen im Freien gestiegen ist. Entsprechend ist die Beliebtheit von Suchanfragen bei Getty Images, die sich auf Essen im Freien beziehen, gestiegen, wobei Begriffe wie ‘Picknick’, ‘BBQ’, ‘Grill’ und ‘Essen im Freien’ im Vergleich zum Vorjahr um mehr als das Doppelte zugelegt haben. Ganz gleich, ob man draußen oder drinnen speist oder Essen zum Mitnehmen isst – Restaurants erleben nach einem langsamen und schwachen Jahr ein Comeback, und eine stärker auf Restaurants ausgerichtete Bildsprache kann das Gastgewerbe stärken.
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