Die Altersdiskriminierung im Sport überwinden

Trends / Echtheit
Westend61
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Sandra Michalska
Nov. 30, 2021
Die demografischen Strukturen in Europa verändern sich. Werbungtreibende, die das Verhalten der Generation Z sorgfältig analysieren, könnten bei einer ausschließlichen Ausrichtung auf die jüngste Konsumentengruppe eine andere, ebenso wichtige demografische Veränderung übersehen. Wir leben in einer Gesellschaft, die immer älter wird, und wir wissen, dass Menschen über 50 immer aktiver werden1. Sie verfügen über Kaufkraft, gründen Unternehmen, nutzen Technologien, laufen Marathons und nehmen an den Olympischen Spielen teil. Auf dem Papier sind sie die Haupttriebkräfte der Wirtschaft von morgen. Das gilt auch für die Sport‑ und Wellnessbranche.

Jedoch stellen die Sportwerbung und die Medien das Leben dieser Menschen nicht in seiner ganzen Vielschichtigkeit dar. Laut unserer Visual GPS‑Studie zeigten nur 8 % der beliebtesten Sportbilder im Jahr 2021 ältere Menschen. Und wenn man das Alter mit anderen Identitätsfaktoren wie Behinderung, Geschlecht oder sexueller Orientierung kombiniert, wird die Darstellung aktiver Senioren noch weniger inklusiv. In Zeiten, in denen Menschen über 50 immer wohlhabender, gesünder, mobiler und aktiver werden, geraten Marken immer wieder in die Altersdiskriminierungsfalle. In unserer jugendfixierten Kultur scheint Altersdiskriminierung im Sport das „normalste“ aller Vorurteile zu sein. Somit bietet sich den Werbetreibenden und den Medien die Chance, eine neue, unvoreingenommene Vision des Sports zu entwickeln.
Ein neues Bild „des sportlichen Typs“
Unsere neuesten Untersuchungen zu beliebten Sportbildern zeigen eine deutliche Kluft zwischen den Generationen, wobei junge Erwachsene viermal häufiger vertreten sind als ältere Erwachsene. Diese fehlende Generationenvielfalt hat Auswirkungen und verstärkt bereits bestehende Klischees, die auch im Selbstbild des Einzelnen’ zu Altersdiskriminierung führen. Unsere Visual GPS‑Studie zeigt, dass die Gleichsetzung von höherem Alter mit nachlassenden körperlichen Fähigkeiten meist von den Betroffenen selbst herbeigeführt wird, da die nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit oder die Vorstellung, kein „Sportler“ zu sein, zu den Gründen gehören, die ältere Menschen für ihre mangelnde Aktivität anführen. Wenn die Darstellung von Menschen im Sport eine deutliche Kluft zwischen den Generationen aufweist, so gibt es auch eine psychologische Barriere, die beseitigt werden muss. Inklusives visuelles Storytelling, das alle Altersgruppen bei sportlichen Aktivitäten repräsentiert, hat die Kraft, diese Barrieren zu überwinden. Es gibt keinen „typischen“ Sporttyp, genauso wenig wie es einen „typischen“ älteren oder jungen Menschen gibt. Sich verdeckter Vorurteile bewusst zu werden, ist der erste Schritt zur Veränderung schädlicher Klischees.
Die Inklusions‑Latte höher legen
Wenn die Selbstwahrnehmung der Babyboomer von der mangelnden Präsenz beeinflusst wird, so äußern sie gleichzeitig ein starkes Bedürfnis nach einer Veränderung dieser begrenzten Ansichten. Unsere jüngste Visual GPS‑Studie zeigt, dass weltweit der Wunsch nach einer stärkeren Repräsentation älterer Menschen in Sportbildern besteht. Zusätzlich geben 6 von 10 Europäern an, dass Sportverbände sich darauf konzentrieren sollten, eine inklusive Kultur zu schaffen. Die von den Marken am häufigsten verwendeten Bilder spiegeln diese Hoffnung jedoch nicht vollständig wider, da weiße, schlanke Menschen der Mittelschicht die derzeitige visuelle Landschaft dominieren. Durch die Darstellung aktiver älterer Menschen und von Menschen über 50 quer durch alle Identitätsfaktoren, Körpertypen und sozioökonomischen Hintergründe können Marken ein ansprechenderes und inklusiveres Bild dieser wachsenden Bevölkerungsgruppe liefern.

Beim Anheben der Inklusions‑Latte geht es außerdem nicht nur darum, die Kluft zwischen den Generationen zu schließen, sondern auch darum, alle Identitätsüberschneidungen in verschiedenen Rollen zu repräsentieren: Trainer, Schiedsrichter und Fitnesstrainer. Sechs von zehn Befragten sind der Meinung, dass die Sportbranche mehr tun muss, um die Inklusion von Menschen verschiedener ethnischer Herkunft in den Bereichen Management, Leitung, Trainer und Mitarbeiter zu bewerkstelligen. Dies ist der Ausgangspunkt, um auf breiterer gesellschaftlicher Ebene etwas zu bewirken, denn dadurch werden psychologische Hemmschwellen für die Teilnahme am Sport abgebaut.
Sport und Wohlbefinden neu denken
Die Coronakrise hat ältere Menschen unverhältnismäßig stark getroffen, und auch in der Wirtschaft nimmt die Altersdiskriminierung zu.2 Das Positive daran ist, dass die Pandemie unser Engagement für unsere Gesundheit verstärkt hat3; Sportvereine machen wieder auf und die Wellness‑Branche boomt. Und obwohl die Vorteile einer aktiven Lebensweise für alle Altersgruppen enorm sind, zeigt Visual GPS, dass es dabei immer mehr um die psychische als um die körperliche Verfassung geht. Das emotionale Wohlbefinden, das der Sport bietet, ist ebenso überzeugend wie die körperlichen Vorteile: Fast 8 von 10 europäischen Babyboomern geben an, dass Sport gut für die geistige Gesundheit ist. Und für 9 von 10 Befragten ist es genauso wichtig, sich um das emotionale Wohlbefinden zu kümmern wie um das körperliche.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung eines ganzheitlichen Konzepts für das Wohlbefinden wird visuelles Storytelling, das ein breites Spektrum proaktiver Maßnahmen zur Selbstfürsorge darstellt, beim Publikum voraussichtlich gut ankommen. Sport mit Familie und Haustieren oder der Abbau von Alltagsstress durch Fußballspiele am Abend sind nur einige Beispiele für emotional ansprechende visuelle Szenarien. Unsere Untersuchungen bestätigen jedoch, dass sportlich aktive Senioren am ehesten allein dargestellt werden, und 80 % der Bilder befassen sich ausschließlich mit Sport. Doch die visuellen Darstellungsmöglichkeiten sind endlos. Unsere Sonderkollektionen zum Thema Sport und Altern, wie etwa die Partnerschaft mit Women in Sports zum Thema Menopause4 oder die Disrupt Aging Kollektion5, sollen dazu beitragen, diese Vielfalt in den Vordergrund zu rücken und die Bildsprache weiterzuentwickeln. Denn letztlich ist das Alter kein Hindernis, es ist nur eine Zahl.
Essen als Kultur