LiebeGBTQ+

Best of / Best of Shooting
Sophie Mayanne
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Josie Gealer Ng
Juli 3, 2019
Im Vorfeld der britischen Pride‑ und mitten in den weltweit stattfindenden World‑Pride‑Veranstaltungen konnten wir beobachten, wie die LGBTQ‑Community in immer mehr Anzeigen im Mittelpunkt stand. Im restlichen Jahr aber fiel die werbliche und mediale Darstellung von Menschen aus dem LGBTQ‑Umfeld eher gering aus und war damit weniger authentisch.
 
Die Getty Images Fotografin Sophie Mayanne und ich sprachen darüber, wie wir Menschen aus dem LGBTQ+‑Umfeld mehr Aufmerksamkeit schenken könnten, um herauszufinden, was sie wirklich über die Darstellung der LGBTQ‑Community in den Medien denken und wie in ihren Augen Liebe und Inklusion abgebildet werden.
 
Sophie Mayanne und ich haben seit letztem Jahr für verschiedene Shootings zusammengearbeitet. Mit ihren bisherigen Arbeiten wie „Behind the Scars“ und Werbekampagnen für Mothercare und die Charity‑Organisation Stonewall sowie ihren Arbeiten für die Getty Images Kollektion „Show Us“ ist sie prädestiniert für diese Art von voll umfänglichen Storytelling. Sie liebt es, ihre Kamera auf Menschen zu richten, die in der Gesellschaft oft unterrepräsentiert sind, und ist entschlossen, diesen Menschen in ihren Bildern eine Stimme zu verleihen.
LETTY UND IVANA
[Sophie Mayanne]: Wenn ihr euch beide bitte kurz vorstellen könntet:
[Letty]: Ich bin 24 Jahre alt und komme aus London. Ich manage eine Bar und eine Galerie in London und auch eine Karaoke‑Bar.                                                                                               [Ivana]: Ich bin 25 Jahre alt und komme auch aus London. Ich arbeite als Ton‑ und Lichttechnikerin in einer Bar.

[SM]: Was denkt ihr über die Darstellung der LGBT‑Community in der Werbung und in den Medien allgemein?                                  
[Letty]: Ich glaube, es wäre gut, mehr Bilder zu sehen, die nicht heuchlerisch sind oder einfach nur das Thema abhaken. Zu dieser Zeit des Jahres wirkt es immer so, als ob viele Unternehmen einfach auf den regenbogenfarbenen Pride‑Zug aufspringen würden.
[Ivana]: Wir werden nicht ausreichend repräsentiert, aber es ist definitiv schon viel besser als in meiner Kindheit. Langsam aber sicher werden wir nicht mehr in rein stereotypen Darstellungsformen abgebildet.

[SM]: Was, glaubt ihr, steht für euch?                                                                                      
[Ivana]: Ich stehe für mich.                                                                                                             [Letty]: Ich finde die Frage ganz schön kniffelig, aber ich glaube, Ivana hat das Thema auf den Punkt getroffen.

[SM]: Was bedeutet Liebe für euch?                                                                                                                                                            
[Letty]: Liebe beziehe ich hauptsächlich auf den Menschen, der jeden Tag aufs Neue mein Leben bereichert und es besser macht. Sich gegenseitig um den anderen zu kümmern und zu wissen, dass da jemand bedingungslos hinter einem steht.
[Ivana]: Liebe heißt für mich, niemals Angst zu haben, weil man immer den Rückhalt von dieser einen Person hat, egal, was das Leben mit einem so vor hat.

RIO UND ZACH
[SM]: Würdet ihr beide euch bitte kurz vorstellen:                                                                        
[Rio]: Du kannst mich Rio oder Ram nennen. In ein paar Tagen werde ich 22, ich komme aus Gloucester und bin Künstler. Im Moment arbeite ich aber nicht, weil ich es mir psychisch gerade nicht so gut geht.
[Zach]: Hallo, mein Name ist Zach, ich bin 22 Jahre alt und leben in Cheltenham. Vor kurzem bin ich von einer Reise zurückgekehrt, bei der ich ehrenamtlich gearbeitet habe. Jetzt bin ich wieder hier und arbeite in einer Hochzeitslocation.

[SM]: Was denkt ihr über die Darstellung der LGBT‑Community in der Werbung und in den Medien allgemein?                                
[Rio]: Ich habe nicht das Gefühl, dass wir ausreichend repräsentiert sind. Ich glaube, es geht eher um die Frage „Werden wir richtig repräsentiert?“. Also werden wir korrekt porträtiert ohne die klassischen Klischees, ohne Label und ohne in irgendetwas reininterpretiert zu werden. Ich sehe schon, wie das langsam Einzug hält, aber eben noch nicht schnell genug. In den Medien muss ich aktiv nach Orten suchen, die uns korrekt darstellen.                                             [Zach]: Ich versuche, mich mit vielen Kreativen aus dem LGBT‑Umfeld zu umgeben, dementsprechend sehe ich auch viel mehr Inhalte mit LGBT‑Bezug. Außerhalb des Social Networkings aber finde ich nicht allzuviel davon. Ich weiß, aktuell gab es gerade mehr Beispiele, aber wie Rio schon sagte, die Bewegung ist einfach nicht schnell genug.

[SM]: Was würdet ihr gerne öfter sehen?                                                                                    
[Rio]: Ich würde sehr gerne mehr LGBTQ‑Menschen im Fernsehen oder in Filmen sehen, die einfach ihr Leben leben ohne dass ihre Identität eine besondere Bedeutung oder einen zentralen Stellenwert für den Plot hat. Ich würde auch gerne mehr zum Erwachsenwerden von Trans‑Menschen sehen.                                                                                                               [Zach]: Schulbildung zu LGBT‑Familien, Lebensstilen und Sex, damit die Kinder möglichst offen damit aufwachsen und gar nicht erst auf solche Gedanken kommen, dass diese Menschen nicht ‚normal‘ sein könnten.

[SM]: Was bedeutet Liebe für euch?                                                                                            
[Zach]: Ich habe viele verschiedene Arten von Liebe, z.B. die Liebe, die ich für Rio verspüre, für meinen Hund oder meine Freunde sind alle ganz unterschiedlich. Jede hat eine ganz eigene Bedeutung für mich. Ich würde behaupten, dass für mich mit am wichtigsten ist, jemanden zu lieben, weil er ist, wie er oder sie ist, und nicht, weil ich bestimmte Erwartungen in ihn oder sie setze. Ganz egal, welche Beziehung ich zu dieser Person habe.                               [Rio]: Ich denke da genauso wie Zach. Ich glaube auch, dass Liebe auf so viele Arten zum Ausdruck kommen kann und jeder einfach anders ist. Ich habe meine Zuneigung noch nie wirklich gut zeigen können, aber ich habe gelernt, sie zumindest so auszudrücken, dass es für jeden angenehm ist.

IZZY UND LIEPA
[SM]: Würdet ihr beide euch bitte kurz vorstellen:                                                                      
[Izzy]: Ich bin 20, komme aus Amsterdam und studiere Osteuropastudien.                               [Liepa]: Ich bin 18 und komme aus Litauen. Zurzeit lebe ich in Utrecht und studiere Medien und Kultur an der Universität Utrecht.

[SM]: Was denkt ihr über die Darstellung der LGBT‑Community in der Werbung und in den Medien allgemein?                                
[Izzy]: Ich glaube, LGBT‑Menschen spielen da schon eine Rolle, obwohl ich mir nicht so ganz sicher bin, ob dies auch wirklich ausreicht. Es hat lange gedauert, bis Menschen aus dem LGBT‑Umfeld in den Medien ihren Platz hatten, und noch heute fühlt es sich manchmal so an, als wäre die Darstellung ziemlich überholt. In Filmen und im Fernsehen trennen sich schwule Paare immer, schwule Männer bleiben meistens Singles und schlafen sich durch die Betten, während Lesben immer ‚den richtigen Partner finden‘. Mir ist dieses Porträt unserer Leben viel zu selektiv. Es scheint so, als würden LGBT‑Menschen ein viel zu übertriebenes und verklärtes Leben führen, das einfach nicht in die heterosexuelle Vorstellungswelt passt und unsere eigene Sexualität schlichtweg nicht wiedergibt.                                                      
[Liepa]: Ich habe nicht das Gefühl, dass die LGBT‑Community ausreichend repräsentiert wird. Ich sehe kaum Werbung oder irgendetwas in den Medien, das die Community repräsentiert, am ehesten noch auf Instagram. Aber nie auf den Straßen. Die meisten LGBT‑Events, die es so gibt, werden auch von LGBT‑Organisationen für LGBT‑Menschen veranstaltet.

[SM]: Was soll eurer Vorstellung nach in Zukunft anders dargestellt wollen?                                                                
[Izzy]: Erfolgreiche und inspirierende Schwule werden in den Medien repräsentiert.      
[Liepa]: Ich hoffe, dass wir in Zukunft eine gleichwertige Darstellung von LGBT‑Menschen in den Medien und in der Gesellschaft erzielen. Die Hälfte der Veranstaltungen, die in einer Stadt stattfinden, sollten zumindest LGBT‑Menschen in der Werbung enthalten, gleiches wünsche ich mir für die Medien und die Werbung im Allgemeinen.

[SM]: Was bedeutet Liebe für euch?                                                                                            
[Izzy]: Ich glaube, bei Liebe geht es um Verständnis und Akzeptanz. Ich glaube, es geht darum zu verstehen, wo jemand herkommt, welche Meinung er hat und wer er wirklich ist. Ich glaube, wenn man wirklich versteht, wer jemand ist, dann ist es Tausend Mal schöner, wenn man sich in jedes Stück von diesem Menschen verliebt. Und Unterstützung, Unterstützung ist enorm wichtig. Jemanden im Leben zu unterstützen und Dinge zu lernen und wertzuschätzen, denen man noch nie zuvor begegnet ist. Irgendwie glaube ich, dass Liebe ein wunderschönes Anerkennen eines anderen ist – und ein unendlich großes Wertschätzen dessen, was man gelernt hat.
[Liepa]: Liebe heißt für mich auch, mich nicht mit einer Person zu langweilen, weil ich mich sehr, sehr schnell langweile. Natürlich heißt Liebe auch Vertrauen, Unterstützung und Spaß. Wegen ihr versuche ich ein besserer Mensch zu sein, mehr für das zu tun, was ich erreichen möchte und härter dafür zu arbeiten. Liebe motiviert mich, weil ich nicht nur der beste Partner sein möchte, der ich sein kann, ich möchte auch der beste Mensch sein, den ich mir vorstellen kann.

BAILEY UND PAUL
[SM]: Würdet ihr beide euch bitte kurz vorstellen:                                                                      
[Bailey]: Hallo, mein Name ist Bailey, ich bin 19 und komme aus London. Ich studiere Modejournalismus am Central Saint Martins College.                                                                     [Paul]: Hallo, ich bin Paul. Ich bin 19 Jahre alt und studiere am London College of Fashion Modejournalismus.

[SM]: Was denkt ihr über die Darstellung der LGBT‑Community in der Werbung und in den Medien allgemein?                                                                                                                           [Bailey]: Teilweise fühlt sich die Darstellung so heuchlerisch an, als wäre das Ganze ein Marketingtrick.

[SM]: Was würdet ihr gerne öfter sehen?                                                                                    
[Paul]: Die Repräsentation von Trans‑Menschen in den Medien und mehr Menschen, die Munroe Bergdorf unterstützen.
[Bailey]: Mehr queere Menschen in Entscheiderpositionen.



FRANK UND LAIKE
[SM]: Würdet ihr beide euch bitte kurz vorstellen:                                                                      
[Frank]: Mein Name ist Frank und ich bin 21 Jahre alt. Ich studiere Soziologie und Menschenrechte und arbeite ehrenamtlich für das Rote Kreuz, wo ich später auch in der Krisenhilfe arbeiten möchte. Ich betreibe auch ein kleines Geschäft auf Etsy, wo ich Halsbänder mit LGBTQ+‑Motiven verkaufe.                                                                      
[Laike]: Mein Name ist Laike, ich bin 19 Jahre alt und komme ursprünglich aus Aylesbury, vor kurzem bin ich aber zu meinem Freund Frank nach Colchester gezogen. Ich bin Entertainment Manager in einem Spielzentrum für Kinder. Eigentlich aber bin ich von Beruf Schauspieler. Ich arbeite mit Frank auch ehrenamtlich für das Rote Kreuz.
[SM]: Was denkt ihr über die Darstellung der LGBT‑Community in der Werbung und in den Medien allgemein?  
[Laike]: Ich glaube, die Darstellung in den Medien kann gar nicht groß genug sein, und zwar aus dem alleinigen Grund, weil auch für Heterosexuelle die Darstellung nicht groß genug sein kann. Um uns wirklich gleichberechtigt zu fühlen, müssen wir die Vorstellung loslassen, dass es eine Last oder ein Durchbruch wäre, LGBTQ+‑Menschen in der Werbung zu sehen.    

[SM]: Was, glaubt ihr, steht für euch?
[Laike]: Liebe, Glück, Gleichberechtigung, Tiere und Frank. Die einzigen Dinge, die ich je brauchen werde.            
[Frank]: Intersektionalität. Die Akzeptanz und Unterstützung aller Minderheiten. Wie Marsha P Johnson sagte: Kein Stolz für wenige ohne Freiheit für alle.

Von der Kraft des Teamgeistes